Schon einige Tage vor meiner Ankunft habe ich mir Gedanken gemacht, welche sehenswerten Orte und Aktivitäten es in Vancouver gibt. Hierzu habe ich im Internet und meinem Reiseführer viel nachgelesen sowie Reisevideos anderer Leute angeschaut. Am Ende entstand dadurch eine längere Liste, die ich vorhatte, während meines Aufenthaltes abzuarbeiten. Es gab mir ein Gefühl von Sicherheit, da ich dachte die Stadt schon etwas zu kennen. Das Gefühl zu wissen, was die kommenden Tage auf mich zukommen würde, verließ mich allerdings immer mehr, als ich in den Skytrain stieg, um vom Flughafen in Richtung Downtown zu fahren. Ich fühlte mich immer noch wie in einem Film und sämtliche Eindrücke prasselten auf mich ein. Als ich die Treppen der Untergrundstation des Skytrain hinaufstieg und einen ersten Blick auf die hohen Gebäude um mich herum werfen konnte, war ich beeindruckt.
Dementsprechend fröhlich aber auch übermüdet von der langen Reise lief ich in Richtung Hostel. Vor der Reise hatte ich einige Erfahrungsberichte über Aufenthalte in Hostels gelesen und war aufs Schlimmste vorbereitet. Ich hatte damit gerechnet, dass die Zimmer sehr klein sind und die Bäder vermutlich nicht sehr einladend. Ich rechnete aber auch damit, dass es dauern würde, bis man mit anderen ins Gespräch kommt und das ich vieles zunächst allein erkunden würde. Ziemlich schnell haben mich die folgenden Tage eines Besseren belehrt.
Im Hostel angekommen wurde ich nett begrüßt und hatte nach wenigen Augenblicken auch schon meine Zimmerkarte in der Hand. Gespannt wie mein Zimmer aussehen würde und mit wem ich dieses teilen darf, ging ich die Treppen hinauf. Dort angekommen war ich über die Sauberkeit und Größe des Zimmers doch überrascht und kam sofort mit einem netten Australier ins Gespräch. Er berichtete mir von seinen Plänen, bald nach Whistler zu fahren, um dort für ein Jahr zu arbeiten. Derartige Gespräche führte ich noch oft die nächsten Tage und hörte immer wieder gespannt zu, was die andere Person in der Zukunft geplant hat. Nach diesem kurzen Gespräch beschloss ich, mich im Hostel umzusehen. Ich war überrascht, wie sauber die Toiletten und Duschen waren und welch guten Blick man aus dem Fenster am Ende des Ganges hatte. Zeitnah begab ich mich ins Bett und schlief trotzt der großen Zeitverschiebung innerhalb von Sekunden ein.
Mein erster Tag in Kanada begann sehr früh, da ich durch den Jetlag bereits um 06:00 morgens kein Auge mehr zubekam. Ich lag noch eine ganze Weile im Bett, machte mich fertig und ging zum Hostel eigenen Frühstück, um mich für den Tag zu stärken. Für diesen hatte ich mir vorgenommen nach Granville Island zu laufen, einer kleinen Halbinsel nahe Downtown. Sie war nicht allzu weit vom Hostel entfernt und sollte kulinarisch viel zu bieten haben. Zeitnah machte ich mich also auf den Weg. Nach wenigen Minuten zu Fuß war auch schon Granville Island zu sehen. Die letzten Meter dorthin überquerte ich auf einer kleinen Fußgängerfähre, welche ich ganz für mich allein hatte. Fast zwei Stunden spazierte ich über die Halbinsel, stöberte durch etliche kleine Läden und ging in die große Markthalle. Dort befinden sich neben einem klassischen Obst und Gemüse sowie Fischmarkt auch etliche Imbissbuden. Da bei diesen von süßem Backwerk bis zur "German Sausage" alles dabei war, fiel mir meine Entscheidung dementsprechend schwer. Letztendlich fiel meine Wahl auf zwei Tacos, welche ich am Hafen der Insel mit Blick auf die Skyline Vancouvers genießen konnte. Interessant ist auch die Geschichte der Insel, die ich während des Essens nachgelesen habe. Diese wurde nämlich ursprünglich als Industriegebiet genutzt, bis sie sich die letzten Jahrzehnte zu einem Einkaufs- und Kulturviertel gewandelt hat. Von der ursprünglichen Nutzung ist heute nur noch eine kleine Zementfabrik zu sehen, die sich am Rand der Insel befindet.
Im Anschluss spazierte ich zum Museum of Vancouver, welches sich ebenfalls südlich von Downtown befindet. Es ist ein nettes Museum, welches neben der Stadtgeschichte auch eine kleine Ausstellung zur Corona Pandemie, und wie mit dieser in Kanada umgegangen wurde, beherbergt. Ein Ausstellungsstück hat mich dabei jedoch besonders amüsiert, nämlich eine Klopapierrolle. Scheinbar hatten die Kanadier das gleiche Problem, dass Klopapier zeitweise eine seltene Ware gewesen ist. Interessant war auch die Geschichte über die Uhreinwohner dieser Region, die lange vor der Stadtgründung 1886 dort gelebt hatten. Am Ende des Rundganges gelangt man in einen Raum voller Neonreklame aus den vergangenen Jahrzehnten. Auch wenn es mir aufgrund der Müdigkeit und der vielen Eindrücke schwer fiel viele Texte durchzulesen und Aspekte zu merken, war der Besuch dennoch lohnenswert. Auf dem Weg zurück ins Hostel genehmigte ich mir noch einen Donut bei Tim Hortons, eine der bekanntesten Café-Ketten Kanadas.
Der folgendene Tag begann mit einer Tour durch Chinatown, gemeinsam mit zwei Jungs, die ich auf dem Hinflug kennengelernt hatte. Bei leichtem Regen liefen wir durch die Straßen Vancouvers, am zentral gelegenen Fußballstadion vorbei, bis hin zum großen Eingangstor nach Chinatown. Dort liefen wir durch ein etwas verlassenes Einkaufszentrum in einen großen chinesischen Supermarkt. Zu unserem Entsetzen fanden wir dort große Wassertanks vor, in denen Krebse, Garnelen und Fische sehr eng aufeinander zum Verkauf gehalten werden. Auch wenn wir alle drei darüber sehr erschrocken waren, kam mir der Gedanke in den Sinn, dass es vielen Zuchttieren in Deutschland wohl ähnlich ergehen mag. Im Anschluss liefen wir durch Chinatown und gerieten unfreiwillig in die East Hastings St., eine Straße, vor der in jedem Reiseführer und von der Work and Travel Organisation der anderen Beiden gewarnt wird. Der Gehsteig war überfüllt von Zelten, Müll und Menschen unter Drogen. In diesem Moment war ich froh, nicht allein unterwegs zu sein und wir suchten den schnellstmöglichen Weg hinaus. Leider musste ich die folgenden Tage feststellen, dass dieser Anblick gewissermaßen zum Leben in kanadischen und amerikanischen Großstädten dazugehört. Allerdings war dieser Vorfall eine gute Warnung an mich selbst, in Zukunft vorsichtiger zu sein, besonders da ich allein in Nordamerika unterwegs bin.
Letzten Endes kamen wir dann an unserem eigentlichen Ziel an, Gastown. Dieser Stadtteil ist der Ursprung von Vancouver und beherbergt zahlreiche alte schöne Gebäude, Läden und die berühmte Dampfuhr. Dies ist eine Uhr, welche durch Dampfkraft betrieben wird und alle 15 Minuten ein paar Töne oder sogar ein ganzes Lied pfeift. Zu unserem Glück war es kurz vor zwölf und so hörten wir, wie die Uhr eine schöne Melodie spielte.
Den Abend verbrachte ich gemeinsam mit Alina, meiner Zimmerpartnerin, sowie Sophia und Lisa, die ebenfalls im Hostel wohnten. Gemeinsam machten wir uns auf zum English Bay Beach, um dort den Sonnenuntergang zu betrachten. Der Weg dorthin war eine schöne Abendrunde entlang am Wasser mit einem großartigen Blick auf die Wasserstraße, welche Vancouver und Vancouver Island trennt, sowie die Berge. Ich denke nur wenige Großstädte haben eine derartige Umgebung zu bieten. Vielleicht war es auch genau das, was mich an Vancouver am Ende so begeisterte. Nachdem wir unsere Finger ins eiskalte Wasser getaucht hatten und die Sonne untergangen war, machten wir uns auf den Rückweg ins Hostel. Wir kauften noch etwas zum Abendessen ein und kochten gemeinsam.
Am nächsten Morgen machten wir in gleicher Konstellation und gemeinsam mit 20 anderen Leuten aus dem Hostel einen Ausflug in den Lynn Canyon Park. Zu unserem Erstaunen war dieser kostenlos zugänglich und lediglich die Bus und Bootsfahrt, um dort hinzugelangen, mussten gezahlt werden. Gleich zu Beginn des Parks läuft man auf einer Hängebrücke über eine Schlucht, in der sich ein reißender Fluss befindet. Unmittelbar daneben stürzten die Wassermassen aus einem höher gelegenen Bereich in die Tiefe. Umgeben war das alles von einem Wald mit vielen älteren Bäumen und dschungelartigem Anblick. Etwas Angst machte mir allerdings das Schild, welches zeigte, an welchen Stellen des Parks wie viele Menschen abgestürzt und gestorben sind. Zu unserem Glück waren alle offiziellen Weg gesichert und es konnte niemand zu Schaden kommen.
Unsere erste Runde durch den Park führte flussabwärts und endete mit der Überquerung einer weiteren Brücke. Ich war sehr begeistert von diesem schönen Stück Natur, so nah an Vancouver. Umso mehr freute ich mich dadurch auf die bekanntesten kanadischen Nationalparks, die ich im Juli sehen werde. Unsere zweite Runde durch den Canyon Park verlief dann flussaufwärts. Dort konnte man ganz nah an das flache Flussbett hingehen und einige wagten sich sogar mit den Füßen ins eiskalte Wasser. Immer wieder führte ich an diesem Vormittag nette Gespräche mit anderen Leuten und war erstaunt, dass wir trotz der komplett verschiedenen Pläne alle zu diesem Ausflug zusammengefunden haben.
Am Nachmittag beschloss ich einen Abendspaziergang an den Hafen zu unternehmen. Mit der Kamera um den Hals spazierte ich los und versuchte, das Leben und die Freude dieser Stadt einzufangen. Ich begegnete vielen Menschen, die ihren Feierabend in kleinen Parks genossen, bei diesem schönen Wetter am Hafen spazierten und entdeckte meine neue Lieblingsstelle Stelle mit Blick Richtung North Vancouver und den Bergen im Hintergrund. Von dort konnte man ebenfalls die Starts und Landungen der Wasserflugzeuge beobachten. Mit diesen kann man, wenige Gehminuten vom Zentrum entfernt, Rundflüge unternehmen und zu Zielen auf Vancouver Island fliegen. Zufrieden ließ ich den Tag typisch amerikanisch ungesund mit einem Burger ausklingen.
An meinem vorletzten Tag machte ich mich nach dem Frühstück mit Lisa und einem Engländer auf nach Gastown. Auch wenn ich bereits zwei Tage zuvor dort gewesen bin, wollte ich mir den Stadtteil unbedingt noch einmal bei gutem Wetter ansehen. Nachdem wir etwas durch die Straßen liefen und in einem Westernladen waren, fuhren wir mit der Fähre nach North Vancouver. Dort befindet sich direkt neben dem Ausstieg der Lonsdale Quay Market. Dieser erinnerte mich an Granville Island, da er ebenfalls viele kleine Imbissstände sowie Dekoläden beherbergt. Nichtsdestotrotz war es lohnenswert diesen zu besuchen und wir kehrten bei einem kleinen chinesischen Imbiss ein. Von dort aus hatten wir eine gute Sicht auf Downtown und die zwei Kreuzfahrtschiffe, die heute im Hafen lagen.
Nach dem Essen trennten sich dann für den restlichen Tag unsere Wege, da die anderen Beiden Grouse Mountain, einen der Berge nahe Vancouver, hinaufgehen wollten. Da ich davon ausging, dass an meinem letzten Tag in Vancouver das Wetter schlecht werden sollte, wollte ich den Nachmittag unbedingt nutzten, um eine Fahrradtour um den Stanley Park zu machen. Dies ist einer der größten Stadtparks Nordamerikas und beherbergt eine schöne Fahrradstrecke, die am Ufer einmal um den Park führt. Nachdem ich mir ein Fahrrad geliehen hatte, steuerte ich diesen an und nahm mir zwei Stunden Zeit dafür. Dabei hatte ich zu Beginn eine wunderbare Sicht auf die Stadt, fuhr weg von dieser und unterquerte eine riesige Brücke und kam so am Ende der Tour an einen wunderschönen Strand. Unterwegs sah ich außerdem zahlreiche Vögel, eine Schildkröte, die auf einem Ast entspannte, und einen Seehund, der seinen Kopf aus dem Wasser streckte.
So schnell vergingen die Tage und mein vorerst letzter Tag in Vancouver war angebrochen. Als größere Gruppe starteten wir nach dem Frühstück, um uns Granville Island anzuschauen. Obwohl ich die Halbinsel bereits an meinem ersten Tag in Vancouver gesehen hatte, freute ich mich erneut darauf, da ich nun die Chance hatte einen weiteren Imbissstand zu testen. Die heutige Wahl fiel aufgrund von leichtem Heimweh auf die German Sausage. Diese erinnerte mich an eine Thüringer Rostbratwurst und schmeckte erstaunlich gut. Nach dem Essen schlenderten wir noch etwas über die Insel, liefen am dortigen Ufer entlang zum Olympisches Dorf aus 2010 und landeten zum Schluss in einem Starbucks Kaffee. Am Abend kochten wir gemeinsam in kleiner Runde.
Somit endeten meine Tage in Vancouver und die erste Station meiner Reise. Am nächsten Morgen musste ich sehr früh aufstehen, um meinen Bus nach Seattle zu erwischen. Es regnete, was zu meiner Stimmung passte, da mich Vancouver wirklich sehr begeisterte. Ich könnte mir sogar vorstellen, dort eine Zeit lang zu leben. Umso mehr freute ich mich darauf im Juli für ein paar Tage hierher zurückzukehren.
Wer gerne noch mehr Bilder zu meiner Woche sehen möchte, wird in der Bildergalerie wieder fündig.
Meine bisherigen Top 5 Ziele in Vancouver:
Platz 5: Spaziergang durch Gastown
Platz 4: Sonnenuntergang am English Bay Beach
Platz 3: Granville Island
Platz 2: Stanley Park mit dem Fahrrad
Platz 1: Lynn Canyon Park
Sehr schöne Idee, mit deinem Reiseblog, uns an deiner Reise teilhaben zu lassen. Ich freue mich schon auf deinen nächsten Eintrag.